AKU 2. Presseerklärung zur geplanten Müllverbrennungsanlage Wiesbaden
Sog. „Online-Konsultation“ zum Müllheizkraftwerk Wiesbaden – Ein Schlag ins Wasser
Es wirkt wie aus der Zeit gefallen und soll nach dem Willen der politisch Verantwortlichen und der Betreiberfirma bald Realität werden: Das Müllheizkraftwerk in Wiesbaden.
Wesentliche umweltpolitische Ziele werden mit diesem Projekt zugunsten privatwirtschaftlicher Gewinnerzielung über Bord geworfen.
Das Ziel der Müllvermeidung und die Idee der Kreislaufwirtschaft mit umfassender Wiederverwertung des Abfalls rücken in weite Ferne. In Wiesbaden soll der Müll verbrannt werden. Dass – wie die Stadt Mainz in ihrer Stellungnahme zu Recht anmerkt – in den Nachbarstädten Überkapazitäten bei der Müllverbrennung vorhanden sind, wird nicht in den Blick genommen.
Zusätzliche Schadstoffe werden die schon jetzt stark belastete Luft in Wiesbaden „bereichern“. Hat die Stadt Wiesbaden bei der Ausrufung des Klimanotstandes 2019 ihre eigene Politik gemeint ? Ist ein Müllheizkraftwerk mit all seinen zusätzlichen Belastungen der richtige Weg, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zur Reduzierung der Luftschadstoffe und damit der Erderwärmung zu erreichen ? Hört der Luftreinhalteplan der Stadt Wiesbaden am Amöneburger-Kreisel auf ?
Eine breite öffentliche Diskussion hat in Wiesbaden zum Müllheizkraftwerk leider nicht stattgefunden. Die Betreiberfirma scheut das Licht der Öffentlichkeit aus gutem Grund, würde doch sonst die Absurdität des Projekts der Allgemeinheit bekannt werden.
Das Regierungspräsidium Darmstadt ist als Genehmigungsbehörde den Interessen der Betreiberfirma entgegen gekommen, indem der zunächst für den 30.06.2020 angesetzte Erörterungstermin gestrichen und durch eine sog. „Online-Konsultation“ ersetzt worden ist.
Statt Rede und Gegenrede und direktem Austausch der Argumente von Angesicht zu Angesicht im Erörterungstermin sollten die 67 Einwender*innen ihre Bedenken schriftlich innerhalb von drei Wochen erläutern. Das Ergebnis ist so ernüchternd wie politisch gewollt. Drei Einwender*innen, einschließlich dem Unterzeichner haben sich beteiligt. Eine Reaktion der Betreiberfirma und der beteiligten Behörden und Institutionen ist nicht erfolgt.
Das RP-Darmstadt hat die Absage des Erörterungstermins zunächst damit begründet, dass am 30.06.2020 in Wiesbaden kein ausreichend großer Raum zur Verfügung gestanden hätte. Dies ist nicht nachvollziehbar. Allein dem Unterzeichner fallen mit dem Kulturzentrum Schlachthof und dem Rhein-Main- Congress-Center zwei ausreichend große Räumlichkeiten ein, in denen der Erörterungstermin auch unter Corona-Bedingungen hätte stattfinden können.
Das RP Darmstadt verweist in der Absage des Erörterungstermins zudem auf die Gefahren der Corona-Pandemie. Fast gleichzeitig hat das RP-Darmstadt am 24.06.2020 einen Erörterungstermin im Genehmigungsverfahren für ein Flughafen-Bodenlager mit 140 Einwender*innen in einem Raum des Frankfurter Behördenzentrums durchgeführt ( vgl. Pressemitteilung RP-Da vom 8.6.2020 ).
Der Erörterungstermin zum Müllheizkraftwerk wäre öffentlich gewesen. Die interessierte Öffentlichkeit auch außerhalb des Kreises der Einwender*innen hätte sich ein Bild machen können. Die Presse hat durch Journalist*innen direkt über den Erörterungstermin berichten können und so zur Information und Meinungsbildung beigetragen. Die Einwender*innen hätten direkte Fragen stellen können und hoffentlich direkte Antworten von der Betreiberfirma und den beteiligten Behörden erhalten.
Die sog. „Online-Konsultation „ hat demgegenüber unter der eingeschränkten Öffentlichkeit der Einwender*innen stattgefunden. Der Grundsätze von Öffentlichkeit und Transparenz sowie des fairen Verfahrens sind durch die Vorgehensweise des RP-Da verletzt worden.
Mehrere Mitglieder des Arbeitskreises Umwelt Wiesbaden (AKU) haben Einwendungen gegen das Müllheizkraftwerk erhoben. Wir stellen fest, dass eine Würdigung der Argumente der Einwender*innen und eine Diskussion mit der Betreiberfirma und den beteiligten Behörden bisher nicht stattgefunden hat. Dies ist umgehend nachzuholen.
Wir fordern :
- Durchführung einer Bürgerversammlung zum Thema Müllheizkraftwerk
- Nachholung des Erörterungstermins
- Müllheizkraftwerk stoppen
- Müll vermeiden bzw. wiederverwerten statt verbrennen
Arbeitskreis Umwelt Wiesbaden (AKU), 27. Juli 2020