1. Mai 2020 trotz Corona!

Applaus ist nicht genug! Deshalb: Heraus zum ersten Mai!
Seit Wochen bestimmt der Corona-Virus unser Leben und fast alle 
Nachrichten.
Mitten in dieser Zeit hatte sich phasenweise, als Akt der Solidarität,
die schöne Geste des Applauses für systemrelevant Arbeitende etabliert.
Dieser Applaus galt vor allem eher schlecht bezahlten Beschäftigten, zum
Beispiel denen aus dem Einzelhandel und der Pflege. Unter ihnen befinden
sich überproportional viele Frauen, die – wie so oft in Krisenzeiten –
den Laden mal wieder am Laufen halten.
Während es gerade einmal wenige Wochen benötigte, dass Großkonzernen à
la Lufthansa, Adidas und VW insgesamt Kredite über 500 Milliarden Euro
sowie Steuererlasse in Millardenhöhe durch die Politik zugesagt wurden,
bedankten sich Arbeitsminister Heil und Gesundheitsminister Spahn bei
den auf Grund ihrer Systemrelevanz gefeierten Beschäftigten mit einem
weniger erfreulichen Geschenk.
Erstmalig wurde die Regelung einer maximalen Arbeitszeit von 10 Stunden
sowie die Mindest- Ruhezeit von 11 Stunden zwischen 2 Arbeitseinsätzen
flächendeckend für ganze Branchen außer Kraft gesetzt. Dies war bisher
nur mit Genehmigung der zuständigen Landesämter für einzelne
betriebliche Ausnahmefälle möglich.
Bis zu 12 Stunden am Stück soll unter anderem ausgerechnet das schon
unter normalen Bedingungen gesundheitsgefährdete und stark belastete
Personal der medizinischen Berufe arbeiten dürfen. Die minimale Ruhezeit
wurde für Lohnarbeitende, deren Arbeit der sogenannten Daseinsvorsorge
dient, auf 9 Stunden herab gesetzt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 14
Abs. 4 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Die Regelung wurde am 27.3.2020
eigens als Teil des Corona- Krisenpaketes verabschiedet.
Für das Pflegepersonal der Krankenhäuser ist dies besonders bitter, denn
zuvor wurden bereits die geltenden Personal-Untergrenzen für die
jeweiligen Stationen bis auf Weiteres außer Kraft gesetzt.
Diese Regelungen und die massiven, generellen Einschränkungen von
Grundrechten stehen exemplarisch für die Notwendigkeit gemeinsamer
Aktionen und Demonstrationen am Tag der Arbeit. Schon jetzt, mitten in
der aktuellen Krise, wird deutlich, auf wen die Krisenkosten abgewälzt
werden sollen. Nicht genug damit, dass weltweit die Ärmsten von den
gesundheitlichen Auswirkungen des Virus am stärksten betroffen sind, es
werden auch die Ärmsten der jeweiligen Länder sein, auf deren Rücken die
Krisenkosten überproportional abgewälzt werden, wenn wir vom heimischen
Sofa aus dabei zuschauen.
Auch in dieser Krise zeigt sich einmal mehr die buchstäbliche
Lebensgefahr, die von einer kapitalistischen Wirtschaft ausgeht. Anstatt
die Beschäftigten weiter auszupressen wie Zitronen, gehören Bereiche der
Daseinsfürsorge, wie Energie- und Wasserversorgungen, Gesundheit und
Pflege, aber auch die Produktion lebensnotwendiger Güter
vergesellschaftet und den Profitmechanismen des Marktes entzogen. Nur so
besteht die Chance darauf, das gerade erlebte weltweite Hauen und
Stechen um lebensnotwendige Güter zu verhindern.
Das Motto „Heraus zum ersten Mai!“ stellt uns in diesem Jahr vor
besondere Herausforderungen. In Frankfurt am Main wollen wir uns diesen
Herausforderungen stellen – und zwar live und in Farbe auf der Straße.
Selbstverständlich halten wir uns dabei an die Gebote des
Infektionsschutzes.
Wenn unsere Kinder ab Anfang Mai wieder zur Schule gehen und wir künftig
vor einer größeren Anzahl von Geschäften in der Schlange stehen dürfen,
können wir auch unter Einhaltung der empfohlenen 1,5 Meter Abstand und
dem Tragen von Atemschutzmasken auf die Straße gehen. Das
Bundesverfassungsgericht hat ein allgemeingültiges, durch das
Infektionsschutzgesetz gedecktes, Versammlungsverbot übrigens in seiner
Entscheidung vom 16.4.2020 kassiert.
Wir treffen uns in Frankfurt am Main am 1. Mai um 11:00 Uhr an der
Braubachstraße zwischen Römerberg und Paulsplatz für einen
sozial-politischen Spaziergang.
Von dort laufen wir, jeweils zwei Personen durch ein Transparent
getrennt oder Einzeln mit gebührendem Abstand hintereinander los.
Bitte seid pünktlich, tragt Mundschutz und bringt eigene Transparente
mit euren Parolen mit. Da der Mundschutz das Rufen von Parolen
vermutlich erschwert, empfehlen wir zudem Instrumente (z.B.
Kochtopfdeckel und Löffel – bitte keine Trillerpfeifen!), um sich
lautstark bemerkbar zu machen.
Wir fordern:
• Profit-distancing statt social-distancing!
• Löhne hoch in den unterdurchschnittlich bezahlten Berufen
• Heraufsetzen der Pflege- und Betreuungsschlüssel im medizinischen und
sozialen Bereich
• Sofortige Rücknahme der neu eingeführten Corona-Arbeitszeitregelung
• Beendigung aller generellen Versuche der Einschränkung der Meinungs- 
und
Versammlungsfreiheit ohne Einzelprüfung
• Evakuierung aller Flüchtlingslager an den EU-Außengrenzen
• Minimierung der wöchentlichen Arbeitszeit für alle Berufe zur
Förderung sozialer und sozial-
politischer Aktivitäten
Da die Lage um Corona immer noch sehr dynamisch ist, können und müssen
die Forderungen in den nächsten Wochen unter Umständen angepasst bzw.
erweitert werden. Hier ist jede*r zur Flexibilität und Kreativität
aufgerufen.

Vereinigte Gewerkschafter*innen Frankfurts, Lohnarbeitende und
Freund*innen schwarzer Pelztiere

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